Die Musikindustrie feiert seit einiger Zeit einen neuen, aber eigentlich uralten Hype: die Schallplatte. Vor allem Major-Labels wie Warner oder Universal Music setzen wieder verstärkt auf das ehemals vertraute Vinyl und das damit verbundene Geschäft. Sie überhäufen die Onlinekaufhäuser, Hipster-Modeketten und Elektromärkte mit Neuauflagen alter Platten-Veteranen. Doch warum scheint der Trend in Zeiten von MP3s und Streaming-Anbietern wie Spotify wieder zurück zu etwas Handfesterem, gleichzeitig aber auch Teurerem zu gehen?
„Leute wollen einfach cool sein!“, so Gerd Thorsch, Inhaber der Schallplattenzentrale in München. Doch liegt der Erfolg wirklich nur daran, dass Nostalgie wieder „in“ ist?
In Zeiten von Fast Fashion wird Kleidung immer mehr zum Wegwerfprodukt. Etwas ähnliches kann in der Musik festgestellt werden: Dadurch, dass sie zu jeder Zeit, an jedem Ort, für wenig oder gar kein Geld aufrufbar ist, scheint es fast so, als würde Musik nicht mehr bewusst genug wahrgenommen oder geschätzt werden. Was nicht mehr gefällt, wird ganz einfach vom Handy gelöscht und es werden Alternativen gesucht (und schneller denn je gefunden). Das Problem ist hierbei nicht das große Angebot, sondern die verschiedenen, schnellen und einfachen Wege Musik zu konsumieren. Für Thorsch ist eine MP3 ein Medium für Sparsame, weshalb er definitiv zur Platte greifen würde. Andere stehen dem digitalen Musikkonsum zwar nicht ganz so kritisch gegenüber, sehen die Schallplatte aber als eine Art Entspannungsphase des hektischen Alltags. Abgesehen von dem derzeit hippen Aspekt der Entschleunigung, strahlt die Schallplatte eine gewisse Wärme aus und vermittelt ein ganz besonderes Musikerlebnis. Man klickt nicht nur einen Play-Button, sondern muss sich vergleichsweise viel Zeit nehmen, bis man überhaupt den ersten Ton hört. Und der Ton ist schon das nächste Merkmal.
Viele schätzen die „Makel“ des Schallplattensounds, das Knacken und Rauschen, das mit dem Hören einhergeht. Zudem bietet die Vinylverpackung dem Produzenten mehr Spielraum für eine aufwendigere Aufmachung, die wiederum eine Geschichte über den Künstler erzählt und die Musik unterstützt.
Nur wenige kennen hingegen die Nachteile, die der Vinyl-Boom mit sich bringt: Die Fabriken arbeiten jetzt schon über ihren eigentlichen Kapazitäten und es kommt oft zu Engpässen. Vor allem die aufwändige Produktion, antiquierte Technik und fehlendes Expertenwissen sorgen immer wieder für Engpässe und Qualitätsmängel.
Sollten die Menschen also zur Schallplatte greifen oder doch lieber ein Spotify-Abonnement abschließen? Gerd Thorsch betreibt seinen Laden nun seit einiger Zeit und beobachtet das Konsumverhalten seiner Kunden. Für ihn hat sich nicht viel geändert. „Früher haben die Sparer ihre Musik aus dem Radio oder von ausgeliehenen Platten aufgenommen. Heute downloaden sie sie einfach auf diversen Seiten.“ Wer es vermeintlich einfach mag, und lieber digital Musik hört, sollte sich dennoch einmal 15 Minuten Zeit nehmen und eine Schallplatte einlegen, natürlich sofern der Plattenspieler vorhanden ist. Egal ob der Coolness oder der Entschleunigung wegen. Denn dieser Aufwand kann entspannend sein. Vor allem, wenn die Seite A des neuen Albums der Rolling Stones erklingt.
Collage zusammengesetzt aus
Bild von Plattenspieler © Pixels
Bild von Schallplatten © pxhere
Foto von iPhone © MaxPixel
Lieber Maxi,
sehr gut geschriebener Text. Liest sich einfach und trotzdem lernt man was dabei. Jetzt hab ich auf jeden Fall Lust bekommen, den Plattenspieler im Keller zu entstauben und mal wieder in der Plattensammlung von Papa zu stöbern.
Auch die Bebilderung hat mir sehr gut gefallen und euer Layout ist einfach fantastisch!
Dickes Kompliment von mir 😉
Alles Liebe,
Charlotte
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Sehr lieb von dir Charlotte, Dankeschön 🙂
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